Programmvorschau für die Spielzeit 2021/2022 von Gerhild Ahnert

Jetzt ist eigentlich die Zeit, in der in früheren Jahren der neue Theaterring, das wäre der zu 2022/23, fertig wurde. In diesem Corona-Jahr haben das Kulturbüro der Stadt Bad Kissingen und die Intendantin der Abonnementveranstaltung der Stadt Bad Kissingen, Gerhild Ahnert, bis jetzt um die Fertigstellung der Terminierung für den am 10. Oktober 2021 beginnenden 37. Theaterring gekämpft. Nachdem am 30. 8. endlich feststand, dass in dieser Spielzeit das Kurtheater wieder bespielt werden darf und dass zwar Maskenpflicht im Theater herrschen wird, aber alle Plätze verkauft werden können, wagen die Verantwortlichen mal wieder eine Information zum nächsten Theaterring. Ihr erklärtes Ziel ist es, den Vorverkauf des neuen Abonnements am 20.9. 2021 starten zu können.

1. Sonntag, 10.10.2021: Florian Zeller, DIE KEHRSEITE DER MEDAILLE (EURO-Studio)

Den Anfang macht am 10. Oktober 2021 in einer Inszenierung von Pascal Breuer für das EURO-Studio Landgraf die 2016 mit großem Erfolg in Paris uraufgeführte Komödie des französischen Starautors Florian Zeller, DIE KEHRSEITE DER MEDAILLE. Es geht um zwei Paare, Isabelle (Nicola Tiggeler), eine Geschichtsdozentin und ihren Mann Daniel, einen erfolgreichen Verlagsdirektor (Timothy Peach), ihren gemeinsamen Freund Patrick (Martin Armknecht) und dessen neue Verlobte Emma (Nadine Menz). Daniel hat seine Frau überredet, die beiden zum Essen einzuladen, obwohl sie mit Patrick und seiner früheren Frau gut befreundet waren. Zeller benutzt nun einen uralten Theatertrick, das Beiseitesprechen, um den Zuschauer sowohl an den wirklichen Gesprächen als auch an den Gedanken der vier teilhaben zu lassen. Die 2016 in Paris uraufgeführte Beziehungskomödie erhielt 2017 den renommierten Preis ‚Les Globes de Christal‘ des französischen Presseverbandes und wird seitdem in vielen deutschen Theatern gespielt.

2. Dienstag, 9.11.2021, William Shakespeare, ROMEO UND JULIA (Globe Berlin)

Nach Shakespeares vermutlich bekanntestem Stück fragten Besucher des Theaterrings schon seit Jahren. Jetzt kommt es endlich zu unserer Veranstaltung, und zwar in einer Aufführung des Globe Berlin, der neuen Truppe des Gründers der Shakespeare Company Berlin, Christian Leonard. Er ist ein ausgewiesener Shakespearekenner, hat schon für die Company großartige Übersetzungen gemacht und oft auch als Regisseur die Stücke im typisch shakespeareschen Mix aus Komödie und Tragödie auf die Bühne des Kissinger Kurtheaters gebracht. Da die Truppe sich von seinen Idealen für eine Shakespeareaufführung immer weiter wegbewegte, entschloss er sich, noch einmal eine Kompagnie zu gründen. Für sein Berliner Klientel hat er aus der Tragödie über die beiden vom Schicksal gebeutelten jungen Liebenden, die aufgrund der Feindschaft ihrer Familien nicht zusammenkommen dürfen, eine Produktion sowohl in Shakespeares Originalsprache als auch eine deutsche Übersetzung inszeniert, die im Sommer 2021 beide mit großem Erfolg in Berlin liefen. Natürlich kommt zum Theaterring die deutsche Fassung in Leonards Übersetzung, doch für interessierte Schulen etwa ist auch eine Vormittagsvorstellung mit dem Originaltext buchbar.

3. Montag, 29.11. 2021: August Strindberg, FRÄULEIN JULIE (EURO-Studio)

Am Montag, dem 29.11. 2021 kommt nun endlich die schon vor zwei Jahren angekündigte Aufführung eines absoluten Klassikers der Paarbeziehungen in der Theaterliteratur ins Kurtheater, August Strindbergs FRÄULEIN JULIE. Strindberg verkehrt in seinem 1889 uraufgeführten Stück althergebrachte Verführungsriten in der Literatur, in denen reife Männer junge Frauen seit der Antike gefügig machten und nach Gebrauch wegwarfen, in ihr Gegenteil. Hier verführt Julie, die hochherrschaftliche Tochter eines Gutsbesitzers, am Tag der Mittsommerfeier, bei der in Schweden alle Regeln und oft auch Hüllen fallen, den Knecht Jean, in den sie sich verliebt zu haben glaubt. Was bei verführten Mädchen in deren Niedergang mündet, endet in diesem von den Zeitgenossen als Skandalstück empfundenen Drama ganz zeitgemäß mit der gesellschaftlichen Bestrafung für die Frau, die über die Stränge schlug. Wohl eines der packendsten und spannendsten Zweipersonenstücke der Weltliteratur, in dem die beiden Vollblutschauspieler Judith Rosmair und Dominique Horwitz einen Einblick in die Sexskandalwelt des 19. Jahrhunderts geben.

4. Montag, 6.12. 2021: Franzobel, ANNA VIEHMANN (Theater Hof)

1665 wurde in Hof Anna Viehmann in Hof hingerichtet – ihr wurde Hexerei vorgeworfen und unter der üblichen strengen Folter „gestand“ sie Brandstiftung und Unzucht mit dem Teufel. Heute nicht mehr vorstellbar? Auch in unseren sozialen Medien reichen „Fake-News“, um einen sogenannten „Shit-Storm“ auf Einzelne auszulösen. Dabei werden Existenzen vernichtet und Menschen in den Selbstmord getrieben. In den Zeiten der Hexenverfolgung waren besonders alleinstehende Frauen ein bevorzugtes Ziel von übler Nachrede und Beschuldigungen. Denn wie die historische Forschung heute weiß, waren es in den seltensten Fällen kirchliche oder staatliche Behörden, die missliebige Frauen oder auch Männer in den dörflichen Gemeinden Frankens denunzierten. Das taten ihre Mitbürger, die zum Teil erst Ruhe gaben, wenn die Behörden aktiv wurden. Der renommierte österreichische Autor Franzobel, der unter anderem mit dem Bayerischen Buchpreis und dem Ingeborg-Bachmann-Preis ausgezeichnet wurde, schrieb auf Anregung des Hofer Intendanten Reinhardt Friese für das Theater Hof ein Stück, das im historischen Gewand in Hof spielt, aber auch als Parabel für unsere modernen Zeiten funktioniert: Neid und Missgunst sind eben zeitlose Phänomene.

5. Montag, 17.1. 2022: Andrew Bovell, DINGE, DIE ICH SICHER WEISS (EURO-Studio)

Eine Übernahme aus dem Hamburger Ernst-Deutsch-Theater für den Theaterring ist das Schauspiel DINGE, DIE ICH SICHER WEISS des australischen Schriftstellers Andrew Bovell, das die deutschen Bühnen im Sturm eroberte und etwa am Schlosspark-Theater in Berlin, in München und im Alten Schauspielhaus Stuttgart schon auf dem Spielplan stand. Es ist ein humorvolles und gleichermaßen melancholisches Stück über die sechsköpfige Familie Price, bei der es zugeht wie in vielen anderen Familien. Aber am Ende des Jahres, durch das die Zuschauer Eltern, Kinder und Geschwister begleiten, hat sich vieles verändert. Bovell meint dazu: „Das Stück entfaltet sich anhand der vier Jahreszeiten, in denen je eines der erwachsenen Kinder eine Identitätskrise erlebt. Der Akzent des Stückes liegt dabei nicht so sehr auf diesen vier Krisen, sondern auf den Auswirkungen, die sie für die Eltern haben.“ Sehr genau beobachtet, zeigt Bovell, was Kinder und Eltern trennt und was sie zusammenhält – nie sentimental, sondern mit liebevoller Sachlichkeit und großer Präzision. Adelheid Müther hat das Familendrama für Landgraf inszeniert, das Elternpaar spielen Christoph Tomanek und Maria Hartmann, die für ihre Leistung 2020 den Hamburger Theaterpreis erhielt.

6. Dienstag, 15.2. 2022: Peter Shaffer, AMADEUS (EURO-Studio)

Als 1984 der Film ‘Amadeus’ in die Kinos kam, veränderte er das althergebrachte Bild vom lieben Mozart, dem nur der strenge Vater, seine Verschwendungssucht und die feudalen Zustände übel mitspielten, mit einem Schlag. Mozartianer waren verstört, die junge Generation jedoch erkannte in dem lauten, auf die Autoritäten pfeifenden Tausendsassa einen der Ihren. Dass Autor Shaffer auch noch die Geschichte vom Giftmord an Mozart. die Alexander Puschkin als Drama dargestellt hatte, in sein Theaterstück von 1981 hineinbaute und damit Mozarts Lehrer und harmlosen Kollegen Antonio Salieri belastete, machte den Reißer nur noch perfekter. Dass allerdings die Musik von Mozarts unvollendetem Requiem und anderer Meisterwerke aus seiner Feder plötzlich wieder in vieler Munde und sogar in den Charts waren, versöhnte auch die braven Musikfreunde doch noch mit dieser Geschichte von sorgloser Genialität, Mozarts Unfähigkeit erwachsen zu werden, seinem unbändigem Ehrgeiz und dem mörderischen Hass aus Eifersucht von Mozarts Kontrahenten Salieri. Unter der Regie von Udo Schürmer spielen der Schweizer Delio Malär, Senkrechtstarter unter den jungen Schauspielern, den Mozart und der beim Theaterring seit Jahren bekannte Wolfgang Seidenberg seinen Gegenspieler Salieri.

7. Freitag, 18.3. 2022: George Orwell: 1984 (Theater Schloss Maßbach)

Nach dem Ende des 2. Weltkriegs sah der englische Autor Orwell die Gefahr totalitärer Regime nach dem Ende Nazi-Deutschlands noch lange nicht gebannt. Er wendete den Blick auf die Tyrannei Stalins. Die Jahreszahl 1948, als er seinen Roman verfasste, drehte er um und siedelte diesen 1984 an. Regisseur Christian Schidlowsky, Maßbachs Mann für die großen Zeitpanoramen, wie er zuletzt wieder mit seinem ‚Schimmelreiter‘ bewies, nahm sich der Welt des Protagonisten Winston Smith an. Der ist an seinem Arbeitsplatz im Informationsministerium dafür zuständig, die dokumentierten Fakten immer wieder neu den der Parteidokrin genehmen Gegebenheiten anzupassen. „Alternative Fakten“ nannte das jüngst ein weltweit gefürchteter US-Präsident, der schließlich völlig überrascht war zu erfahren, dass er nicht totalitär regieren kann, sondern in einer Demokratie lebt und abwählbar ist. Aus Winston Smiths totalitärem Staat, der seine Untertanen in jeder Lebenslage kontrolliert, stammt der berühmt gewordene Slogan: »Big Brother is watching you«. Insgeheim lehnt Winston sich gegen das unterdrückerische System auf und hält seine verbotenen Gedanken und Wünsche in einem Tagebuch fest. Er lernt Julia kennen, sie werden ein Paar – ein Verstoß gegen die staatlichen Vorschriften. Winston versucht, mit einer Untergrundbewegung, von der er gehört hat, in Kontakt zu treten.

8. Donnerstag, 24.3.2022: William Shakespeare, RICHARD III. (Theater Hof)

William Shakespeares Tragödie um Richard III., den ruchlosesten der englischen Könige, steht am Ende seiner Dramen über die Rosenkriege, die zwischen den Häusern Lancaster und York um die Königskrone tobten. Beigelegt wurden diese, als Richard III. auf dem Schlachtfeld starb und Heinrich VII. aus dem Hause Lancaster Elisabeth aus dem Haus York ehelichte und mit ihr die Dynastie der Stuarts begründete, zu der auch Shakespeares Gönnerin Elisabeth I. gehörte. Der Verdacht liegt nahe, dass Shakespeare auch durch Betonung der Bösartigkeit Richards seine Stuarts aufwerten wollte. Richard III. beeindruckte Friedrich Schiller so so sehr, dass er die Psyche seines Franz Moor beinahe im Wortlaut von Shakespeare abkupferte. Richard, Herzog von Gloucester, ist missgebildet und fühlt sich von der Gesellschaft verachtet. Also beschließt er, ein skrupelloser Schurke zu werden und sich die Königskrone selbst zu beschaffen. Dabei ist ihm jedes Mittel, auch Mord, recht… William Shakespeare, dessen Werk sich das Theater Hof seit Amtsantritt von Intendant Reinhardt Friese jedes Jahr mit einer Produktion widmet, hat 1592 mit „Richard der Dritte“ ein faszinierendes Psychogramm des Bösen geschrieben, das das Publikum immer noch gleichermaßen anzieht und abstößt. Dabei geht es um Machtpolitik, die bis zum Äußersten geht, ebenso wie um ganz private Verletzungen, aus denen Rachegefühle entstehen, können. Was ist schon aufregender als ein schillerndes Monster?

9. Dienstag, 26.4.2022: Astor Piazzolla, MARIA DE BUENOS AIRES (Tango-Oper, Ballett Hof und Hofer Symphoniker)

Da das Hofer Theater im Laufe der Vorbereitungen für diesen, wie wir alle hoffen, „Nach-Corona-Theaterring“ beide für den 37. Theaterring geplanten Opern absagen musste (Die Hofer haben nicht nur mit Corona, sondern auch mit der Sanierung ihrer Hauptbühne zurecht zu kommen, die sich immer länger hinzieht.) und wir natürlich auch eine Produktion des im Theaterring immer gefeierten Hofer Balletts im Programm haben wollten, hat sich jetzt als Quadratur des Kreises MARÍA DE BUENOS AIRES, die Tango-Oper von Astor Piazzolla angeboten. Maria lebte einst in den armen Vorstädten und machte sich auf ins Zentrum der Metropole Buenos Aires. Ihr Leben ist die unbändige Leidenschaft und vor allem der Tango, der sie in der Halbwelt zur Prostituierten aufsteigen lässt und schließlich auch ihr Tod ist. Als ihr eigener Schatten streift sie jedoch weiterhin durch die Straßen der Stadt. Sie ist unsterblich und sehnsuchtsvoll wie der Tango selbst. Astor Piazzolla, dem König des Tangos, ist mit „María de Buenos Aires“ eine einzigartige Liebeserklärung an den vielleicht leidenschaftlichsten Tanz überhaupt und seine Heimatstadt Buenos Aires gelungen. Auf ihrer intensiven Reise in die Welt um Mariá de Buenos Aires werden die Tänzerinnen und Tänzer der Hofer Ballett-Compagnie von Solisten des Musiktheater-Ensembles und den Hofer Symphonikern begleitet.

10. Montag, 16.5. 2022: John Kander (Musik), Joe Masteroff (Schauspieltext), CABARET (Theater Hof)

Das Berlin der 1920er Jahre wurde nicht erst durch den Roman und die Serienverfilmung ‚Babylon Berlin‘ ins Bewusstsein der Kulturinteressierten gebracht. Das Musical ‚Cabaret‘ von John Kander (Musik), Fred Ebb (Songtexte) und Joe Masteroff (Buch) nach dem Stück „Ich bin eine Kamera“ von John van Druten und Erzählungen von Christopher Isherwood, der zu Beginn der Nazizeit in Berlin lebte, führte schon 1966 in die vom Aufstieg der Nazis, Antisemitismus und einem wilden, unendlich kreativen Kulturleben vibrierende deutsche Hauptstadt. Die Machtergreifung der Nazis machte diesem ein Ende, seine Protagonisten wanderten zumeist in die USA aus oder wurden zur Flucht dahin gezwungen, was das Ende der ‚Goldenen Zwanziger‘ in Deutschland bedeutete.

Berlin zu Beginn der 1930er Jahre: Der junge amerikanische Schriftsteller Cliff Bradshaw verliert sich im Strudel des Nachtlebens. Er lernt Sally Bowles kennen, die flirrend-aufregende Sängerin des Kit-Kat-Clubs und verliebt sich in sie. Jazz, Alkohol und Erotik stehen aber im Gegensatz zum aufkommenden Faschismus in Deutschland… Eines der erfolgreichsten Musicals aller Zeiten, unvergängliche Evergreens und dabei eine klare Stellungnahme gegen eine schleichende Veränderung der Gesellschaft hin zu einem intoleranten Gegeneinander – „Cabaret“ ist zeitlos, berührend, aufwühlend. In der berühmten Rolle des Conferenciers wird am Theater Hof der deutsche Musical-Star Uwe Kröger zu erleben sein.