Eine allzu kurzfristige Programmänderung von EURO-STUDIO Landgraf beschert dem Theaterring wieder einmal ein Stück des 1960 geborenen französisch-belgischen Autors Eric-Emmanuel Schmitt, der zu Beginn des 21. Jahrhunderts zu einem Shooting Star des französischen Theaters avanciert war. Er ist elsässischer Abstammung und wurde von seinen Eltern in atheistischer Grundeinstellung erzogen, was bei ihm offenbar zu einem intensiven Interesse an religiösen und philosophischen Welterklärungsmodellen führte. Er promovierte in Philosophie über ‚Diderot und die Metaphysik‘ und konvertierte zum Christentum. Nach Lehraufträgen in Philosophie schrieb er ab 1991 sehr erfolgreiche Theaterstücke und wurde schon für sein zweites Stück ‚Le Visiteur‘ (‚Der Besucher‘, das damals auch im Theaterring gezeigt wurde) 1993 mit dem Theaterpreis ‚Molière‘ für den besten Autor sowie 1994 mit demselben Preis für das beste Schauspiel ausgezeichnet, bevor ihm 2001 der ‚Grand Prix du Théâtre‘ der Académie française zuerkannt wurde. Seine Stücke in der Nachfolge von Beckett, Anouilh und Claudel beschäftigen sich fast ausschließlich mit religiösen, ideengeschichtlichen oder weltanschaulichen Fragestellungen befassten Dramen wurden in 35 Ländern aufgeführt und in mehrere Sprachen übersetzt. Neben Theaterstücken hat Schmitt auch erfolgreiche Romane und Erzählungen verfasst, die berühmtesten unter ihnen sind Oscar und die Dame in Rosa und Monsieur Ibrahim und die Blumen des Koran. Letzterer wurde 2003 verfilmt; 2009 führte Schmitt bei der Verfilmung von Oscar und die Dame in Rosa selbst Regie.
Beim Theaterring wird ‚Oscar und die Dame in Rosa‘ in einer Inszenierung von Petra Dannenhöfer für das EURO-STUDIO Landgraf mit Doris Kunstmann in der Rolle der „Dame in Rosa“ gastieren. Diese freundliche ältere Dame gehört zu den Frauen in rosa Kitteln, die sich in der Klinik ehrenamtlich um schwerkranke Kinder kümmern. Ihr junger Protegé Oscar ist erst zehn, aber er weiß, dass er sterben wird. ‚Eierkopf‘ nennen ihn die anderen Kinder im Krankenhaus wegen seiner Kahlköpfigkeit. Doch das ist für ihn nur ein Spitzname und tut nicht weiter weh. Schlimmer ist in seinen Augen, dass der Arzt und Oskars Eltern Angst haben, mit ihm darüber zu reden, dass keine Therapie sein Leben retten kann. Nur die ‚Dame in Rosa’ hat angesichts der Trostlosigkeit der Situation den Mut, mit ihm gemeinsam über seine Fragen nachzudenken, nimmt ihn ernst und spricht mit ihm wie mit einem vernünftigen Erwachsenen.
Autor Eric-Emmanuel Schmitt dreht hier die so vielen Menschen bekannte Situation um, die am Krankenbett ihrer alten Eltern oder Freunde versuchen, diesen vor ihrem Tod Gesellschaft zu leisten. Durch den todgeweihten Jungen verschärft er natürlich die Lage, zumal dieser in der französischen ‚Kleiner-Prinz-Tradition‘ durchaus erstaunlich reife Gedanken haben und formulieren kann. Die ‚Dame in Rosa‘, die Oskar liebevoll Oma Rosa nennt, rät ihm, dem lieben Gott jeden Tag in einem Brief über die Dinge, Gedanken und Sorgen zu schreiben, die ihn bewegen. Oskar, der nicht mal an den Weihnachtsmann glaubt, findet die Idee nicht wirklich prima.
Doch Oma Rosa bringt ihn dazu, sich jeden Tag wie zehn Jahre seines Lebens vorzustellen. Auf diese Weise lässt die Oskar ein ganzes Menschenleben durchleben: erste Liebe, Eifersucht, Midlife-Crisis und das Alter – bis er mit 110 Jahren zu müde ist, um noch älter zu werden. Elke Heidenreich schwärmte über Schmidts Text: „Es ist ein unendlich zartes, schönes und liebevolles Buch. (…) Es ist eine Geschichte vom Kummer, vom Verlust, vom Tod, von der Liebe, vom Erwachsenwerden und von der Toleranz in dieser durchgeknallten Zeit, in der wir leben. Ein Lehrstück in Sachen Güte.“
Doris Kunstmann liebt diese Rolle und wird in ihr den Theaterabend sicherlich zu einem Erlebnis ganz eigener Art werden lassen.
Preis € 30 / 28 / 26 / 24 / 22